Das querformatige Gemälde zeigt einen Designertisch mit weißer Tischplatte und dunklem Unterbau. Die obere Hälfte des Bildhintergrunds ist hellgrau während der Boden im unteren Teil in dunklerem grau gehalten ist. Das Zentrum des Bildes ist mit Farbverdünner und kreisenden Bewegungen überarbeitet.
Im Unterschied zum akkurat gemalten Tisch, wurde der Hintergrund dynamisch mit verschiedenen Mitteln bearbeitet: Passagen, die in dünnflüssiger Farbe ausgeführt sind, heben sich von pastosem Farbauftrag an anderer Stelle ab; stellenweise erscheint die Farbe abgeschabt, sodass die helleren Töne des Untergrunds zum Vorschein kommen; zudem sind helle und dunkle Farbspritzer über das Bild verteilt.
Gerhard Richter beschreibt die Entstehung des Gemälde wie folgt: „Das Foto für Tisch kam, glaube ich, aus einer italienischen Designerzeitschrift namens Domus. Ich malte es, war aber mit den Ergebnissen nicht zufrieden und überklebte Teile des Bildes mit Zeitungspapier. Man kann noch die Druckbuchstaben erkennen, wo die Zeitung an der frischen Farbe hing. Ich war unzufrieden, weil ich die Farbe zu dick aufgetragen hatte, und jetzt war ich noch unzufriedener, also übermalte ich es. Nun plötzlich gefiel es mir, und ich fand, dass ich es so lassen sollte, ich weiß nicht warum.'1
Im Gemälde Tisch wird eine Herangehensweise deutlich, die für Richter charakteristisch werden sollte: der kritische Umgang mit den eigenen Bildern, die bei Nichtgefallen übermalt werden.
Tisch lässt sich dem Gemälde Faltbarer Trockner [WVZ: 4] gegenüberstellen, das ebenfalls einen Alltagsgegenstand als Bildmotiv hat und auf einer Werbefotografie basiert. In beiden Fällen kann die Motivauswahl als eine Reflexion über Magazin-Werbung in der marktwirtschaftlichen Bundesrepublik verstanden werden, die sich von der Richters ostdeutscher Heimat unterscheidet, der er erst 1961 den Rücken gekehrt hatte.
Während es sich bei Faltbarer Trockner um ein Modell handelt, das sich jedermann leisten konnte, handelt es sich bei Tisch um einen Designertisch der italienischen Marke Gardella. Von den drei Abbildungen des Tisches in der Zeitschrift Domus wählte Richter diejenige aus, die ihn frontal in Aufsicht zeigt – die ausgefeilte Unterkonstruktion des Tisches, die in den anderen Bildern zu sehen ist, interessierte ihn offensichtlich nicht.
Obwohl Tisch nicht das erste Bild war, das er 1962 geschaffen hatte, versah Richter es in seinem Werkverzeichnis mit der Nummer 1: „Ich wollte einen Trennungsstrich ziehen, wollte klarmachen, dass diese Bilder zu einer abgeschlossenen Periode gehörten, also setzte ich den Tisch ganz oben auf die Liste.'2 Tisch markierte also einen Wendepunkt in seinem Werk.
Das Gemälde wurde als figurative Abbildung eines Tisches begonnen, durch die partielle Übermalung nahm Richter die Wichtigkeit des Abbildungscharakters jedoch zurück – ein Effekt, der bereits auf die malerischen Verwischungen in seinen späteren Werken verweist. Das Gemälde antizipiert somit einen künstlerischen Ansatz, der zusätzlich zur Figuration in Richters Œuvre eine Rolle spielen wird: die Abstraktion.
1 Kommentare zu einigen Bildern 1991 in: Gerhard Richter. Text 1961 bis 2007. Schriften, Interviews, Briefe, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, 2008, S. 264.
2 Ebd.
Notiz erstellt von der Redaktion
Christie's, London, Großbritannien: 04 Dezember 1996
| £ 249,000 | |
| USD 415,207 |
(Leihgabe einer Privatsammlung)
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