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Schätzen Sie Ihre Arbeiten auf Papier genauso hoch ein wie die Gemälde?
Inzwischen ja, aber ich muss ehrlich gestehen, dass es lange gedauert hat. Erst seit 1976 erlaube ich mir derartige kleine Sachen. Bis dahin glaubte ich, alles, was ich mache, theoretisch legitimieren zu müssen. Diese Theorie stimmt nicht ganz, aber ich habe durchaus daran geglaubt. Zeichnen oder Malen auf Papier ist impulsiver, als auf Leinwand zu malen. Es kostet nicht so viel Anstrengung, man kann etwas, das einem nicht gefällt, einfach wieder wegwerfen, während große Leinwände viel mehr Mühe und Zeit erfordern. Ich war der Ansicht, die Direktheit der Papierarbeiten würden zu Willkür und Virtuosität führen. Das wollte ich auf keinen Fall.

Interview mit Anna Tilroe 1987, 1987 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

In der Dresdner Zeit entstanden offenbar, wie das Selbstbildnis zeigt, die ersten Aquarelle.
Das war vor der Akademie, als ich siebzehn war. Damals habe ich viel aquarelliert, aber dann an der Akademie, wurden Zeichnen und Ölmalerei unterrichtet, das war das Selbstverständliche, nicht das Aquarellieren. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass irgend jemand aquarelliert hätte.

Interview mit Dieter Schwarz 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Galt das Aquarell als minderwertig?
Es gehört nicht zum klassischen Studiengang. Man zeichnete mit Kohle und Bleistift, danach malt man in Öl: kleinere Ölskizzen, größere Ölstudien, schließlich die Ölbilder.

Interview mit Dieter Schwarz 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Ende 1977, Anfang 1978 entstand die erste Folge von Aquarellen. Gab es einen äußeren Grund dafür, dass Sie sich nun intensiver dieser Technik zuwandten?
Es war das Geeignetste und die Entschuldigung für zwei Wochen Urlaub in Davos. Kleine Aquarelle im Hotelzimmer.

Interview mit Dieter Schwarz 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Tatsächlich bin ich nur durch den Galeristen Fred Jahn dazu gekommen, die Bedenken gegenüber meinen Papierarbeiten zu überwinden und sie auszustellen. Natürlich kam hinzu, dass ich die Aquarelle nach zehn Jahren in einem anderen Licht sehen konnte, und im Zusammenhang mit den seither gemalten Bildern waren sie mir zumindest verständlicher geworden.

Interview mit Dieter Schwarz 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Das Bildermalen ist eben das Offizielle, die tägliche Arbeit, der Beruf; und bei den Aquarellen kann ich mir eher leisten der Laune nachzugeben, den Stimmungen.

Interview mit Dieter Schwarz 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Die Aquarelle tragen meist ein Datum, das den Titel ersetzt, aber nicht unbedingt mit dem Entstehungsdatum übereinstimmt.
Also die Jahreszahl stimmt immer, der Monat wohl auch, nur der Tag kann ein anderer sein. Aber das fällt nur im Moment des Niederschreibens auf.

Interview mit Dieter Schwarz 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Unter den Aquarellen gibt es kaum gegenständliche, die nach Fotografien oder anderen Vorlagen gemalt sind.
Weil es mit den abstrakten spannender ist und schneller geht; es hat einen ähnlichen Effekt wie meine frühere Begeisterung für das Entwickeln von Fotos in der Dunkelkammer. Da entsteht etwas wie von allein, was man nur beobachten muss, um im richtigen Moment einzugreifen, in dem Fall, zu stoppen. Hier geht es also mehr um das Entscheiden als um das Machen können.

Interview mit Dieter Schwarz 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

In Winterthur wurden gerade zum ersten Mal ausführlich Ihre Zeichnungen gezeigt, dazu ist ein Werkkatalog erschienen. Ich hatte Richter-Zeichnungen vorher selten gesehen.
Ich auch. Weil ich die Zeichnungen im Gegensatz zu den Bildern und Grafiken nicht katalogisiert, nicht nachgehalten, nicht ausgestellt habe. Ab und zu wurden welche verkauft. Ich verstand mich aber nicht als Zeichner. Erst durch die Ausstellung ist mir das wichtiger geworden, und ich habe gesehen, dass doch ganz interessant ist, was ich gemacht habe.

Interview mit Stefan Koldehoff 1999, 1999 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

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