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Die ersten Farbtafeln waren unsystematisch. Sie wurden unmittelbar nach den in den Fachgeschäften ausliegenden Farbmusterkarten gemalt. Sie zeigten noch eine Nähe zur Pop Art. In den folgenden Werken wurden willkürlich gewählte Farben nach dem Zufallsprinzip angeordnet. Dann wurden 180 Farbtöne nach einem bestimmten System angemischt und ihre Verteilung auf der Bildfläche wurde ausgelost, woraus sich vier Variationen von 180 Farbtönen ergaben. Da mir schließlich die Zahl ,180‘ zu willkürlich vorkam, habe ich ein System entwickelt, das auf einer Anzahl von streng definierten Farbtönen und Proportionen beruht.

Interview mit Irmeline Lebeer 1973, 1973 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Ausgehend von drei Grundfarben plus Weiß und Schwarz erreiche ich eine gewisse Anzahl von möglichen Farben, und wenn ich sie mit zwei oder vier multipliziere, erreiche ich eine bestimmte Anzahl von Farbfeldern, die ich wiederum mit zwei usw. multipliziere. Die Durchführung dieses Projektes kostet aber viel Mühe und Zeit.

Interview mit Irmeline Lebeer 1973, 1973 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

1024 Farben in 4 Permutationen
Um alle vorkommenden Farbtöne auf einem Bild darstellen zu können, entwickelte ich ein System, das – ausgehend von den drei Grundfarben plus Grau – in stets gleichmäßigen Sprüngen eine immer weitergehende Aufspaltung (Differenzierung) ermöglichte. 4 x 4 = 16 x 4 = 64 x 4 = 256 x 4 = 1024. Die Zahl ,4‘ als Multiplikator war notwendig, weil ich eine gleichbleibende Proportion von Bildgröße, Feldgröße und Felderanzahl erhalten wollte. Die Verwendung von mehr als 1024 Farbtönen (z. B. 4096 erschien mir sinnlos, da dann die Unterschiede von einer Farbstufe zu nächsten nicht mehr sichtbar wären.
Die Anordung der Farbtöne auf den Feldern erfolgte per Zufall, um eine diffuse, gleichgültige Gesamtwirkung zu erzielen, während das Detail anregend sein kann. Das starre Raster verhindert die Entstehung von Figurationen, obwohl diese mit Anstrengung sichtbar werden können. Diese Art von künstlerischem Naturalismus ist ein Aspekt, der mich fasziniert wie die Tatsache, dass, wenn ich alle möglichen Permutationen gemalt hätte, das Licht über 400 Billionen Jahre brauchte, um vom ersten bis zum letzten Bild zu kommen. Ich wollte vier große bunte Bilder malen.

Katalogtext für Gruppenausstellung im ,Palais des Beaux Arts‘, Brüssel 1974, 1974 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Wenn Du also '66 angefangen hast, nicht-figurative Bilder, Farbtafeln zu malen, hing das auch mit einer sehr direkten Konfrontation mit der aufkommenden Minimalkunst zusammen? War das wiederum eine Konfliktsituation mit der amerikanischen Dominanz oder war das auch durch eigene Entwicklung, die hier im engen lokalen Bereich in Düsseldorf begründet war? Durch die Begegnung mit Palermo vielleicht?
Das hing sicher auch mit Palermo und seinen Interessen und später auch mit der Minimalkunst zusammen; aber als ich 1966 die Farbtafeln gemalt habe, hatte das doch mehr mit Pop Art zu tun. Es waren ja abgemalte Farbmusterkarten, und der schöne Effekt dieser Farbmuster war, dass sie so gegen die Bemühungen der Neo-Konstruktivisten, Albers etc. gerichtet waren.

Interview mit Benjamin H. D. Buchloh 1986, 1986 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Die Idee der Farbfelder entstand schon 1966 und die Beschäftigung damit endete 1974 mit einem Bild, das aus 4096 Farbfeldern [WVZ: 359] bestand.
Anfangs reizte mich die für die Pop Art typische Ästhetik der handelsüblichen Farbmusterkarten, mir gefiel die unkünstlerische geschmackvolle und profane Darstellung der Farbtöne besser als die Gemälde von Albers, Bill, Calderara, Lohse etc.

Notizen zu einer Pressekonferenz, 28. Juli 2006, 2006 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Etwas später interessierte mich mehr die neutrale und systematische Erfassung aller Farben, die wir sehen können, und damit verbunden deren vom Zufall bestimmte Platzierung auf der Bildfläche. Mit dieser Methode vermied ich die Kreation von Farbigkeit und Gestalt aller Konfigurationen im Bild und hatte nur noch das Bildformat, die Proportionen des Rasters und die Stofflichkeit des Materials zu bestimmen. Die so entstandenen Bilder haben eine Tendenz zur absoluten Vollkommenheit und imaginieren die quasi unendliche Anzahl möglicher Bilder.

Notizen zu einer Pressekonferenz, 28. Juli 2006, 2006 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Zur Systematik der Farbskala:
Ausgang sind die 4 reinen Farben Rot, Gelb, Grün und Blau; deren Zwischentöne und Helligkeitsstufen ergeben die Farbskalen mit 16, 64, 256 und 1.024 Farbtönen. Mehr Farbtöne wären sinnlos, weil sie sich nicht mehr deutlich voneinander unterscheiden lassen.

Notizen zu einer Pressekonferenz, 28. Juli 2006, 2006 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

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